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Das mysteriöse Verschwinden des britischen Diplomaten Benjamin Bathurst

Am 25. November 1809 verschwand der britische Diplomat Benjamin Bathurst unter mysteriösen Umständen in Perleberg, einer kleinen Stadt am nordwestlichen Rand des heutigen Brandenburgs. Sein plötzliches Verschwinden sorgte nicht nur für Irritation und Entsetzen in seinem Umfeld, sondern bietet bis heute Anlass für Spekulationen, was an diesem schicksalhaften Abend wirklich geschah. Benjamin Bathurst wurde am 14. März 1784 als dritter Sohn des Bischofs von Norwich, Henry Bathurst, in London geboren, der sein Leben dem diplomatischen Dienst verschrieben hatte. Am 25. Mai 1805 im Alter von 21 Jahren heiratete er Phillida Call, mit der er die Tochter Emmeline bekam. Anno 1809 wurde Lord Benjamin Bathurst mit einer diplomatischen Mission am Wiener Hof beauftragt. Nach einem diplomatischen Aufenthalt am Wiener Hof, wo er Kaiser Franz I. drängte, die Allianz mit England zu erneuern, musste er schnell handeln, um den Gefahren der napoleonischen Kriege zu entkommen. Der Versuch, mit dem österreichischen Monarchen ein Bündnis zu schließen, war zwar erfolgreich gewesen, aber die Niederlage der Österreicher in der Schlacht bei Wagram am 6. Juli 1809 stellte alles auf den Kopf. Eilig machte sich Bathurst auf den Rückweg nach England und entschied sich, um auf der sicheren Seite zu sein, für den Landweg über das neutrale Gebiet des Rheinbundes, statt eine Route über das Mittelmeer zu wählen. Um nicht aufzufallen, reiste Bathurst als Kaufmann unter dem Decknamen „Jean Koch“, der von seinem treuen Diener Krause begleitet wurde. Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin erreichten sie am Nachmittag des 25. November Perleberg, wo sie eine Pause einlegten, um frische Pferde zu arrangieren. Während Bathurst in der Gaststätte „Weißen Schwan“ eine kleine Mahlzeit einnahm, begann er gleichzeitig, Dokumente zu verbrennen und sich auf die Weiterreise vorzubereiten. Er bat den örtlichen Militärkommandanten Friedrich von Klitzing ihm Schutz zu gewähren, der ihm zwei Kürassiere organisierte. Diese bewachten Bathurst bis etwa 19 Uhr. Dann schickte er diese fort, da die Dunkelheit der Nacht über die Stadt hineingebrochen war und Bathurst nun aufbrechen wollte. Es war sehr nebelig, was die Sicht deutlich einschränkte. Krause kümmerte sich um die Kutsche, während Bathurst neben ihm stand, doch plötzlich schien dieser wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Nach seiner plötzlichen Abwesenheit alarmierte Krause sofort die örtlichen Behörden. Eine umfassende Suchaktion wurde eingeleitet, doch alle Bemühungen blieben ergebnislos. Monate später, im April 1810, reiste Bathursts Ehefrau, Phillida Call, aus England zusammen mit Heinrich Roentgen an, um ihren Mann zu suchen. Die Suche blieb erfolglos, und die Ermittler wurden bald mit verschiedenen Theorien über sein Verschwinden konfrontiert. Zunächst gab es den Verdacht gegen den Postangestellten August Schmidt und seine Frau, die des Raubes bezichtigt wurden. Bathursts wertvoller Pelzmantel war in den Räumen des Posthauses gefunden worden, und Berichte über eine vermisste Person führten zu Anschuldigungen. Später fand man in einem nahegelegenen Wald eine Hose, die von Pistolenkugeln durchlöchert war. In dieser Hose befand sich ein angsterfüllter Brief von Bathurst an seine Gattin, der den Verdacht eines französischen Übergriffs erhärtete. Doch genauso gut konnte die Hose dort deponiert worden sein, um die Ermittler in die Irre zu führen. Bathurst Ehefrau reiste mit Roentgen sogar nach Paris, um mit Napoleon Bonaparte persönlich über den Verbleib ihres Ehemannes zu sprechen. Doch der Kaiser versicherte ihr, dass er nichts mit dem Verschwinden von ihrem Ehemann zutun hatte. Er bot ihr seine Unterstützung an, aber Benjamin Bathurst blieb verschollen. Aber wer wollte Bathurst tatsächlich loswerden? War es ein politischer Mord, oder stand das Verschwinden im Zusammenhang mit einem Raubüberfall? Gab es finanzielle Motive oder gar geheime diplomatische Intrigen? Während der ersten Jahrzehnte nach seinem Verschwinden blieben die Antworten auf diese Fragen verborgen. Der Fall Bathurst verwandelte sich schnell in einen Stoff, der für Historiker und Kriminalisten gleichermaßen verlockend war. In den Jahren 1852 und 1910 wurden in der Umgebung Skelette gefunden, die jedoch nicht identifiziert werden konnten. Die Spekulationen rund um Benjamin Bathursts Schicksal nahmen an Fahrt auf. War er in die Fänge französischer Truppen geraten, die ihn gefangen genommen hatten? Oder war er vielleicht selbst geflüchtet, um dem Druck der politischen Lage zu entkommen? Die Faszination für das Verschwinden von Benjamin Bathurst reichte weit über die Grenzen der Geschichtsschreibung hinaus. Im Jahr 1935 brachte der Ufa-Film „Der höhere Befehl“ seine Geschichte auf die große Leinwand, allerdings ohne die Absicht, das Rätsel zu lösen. Vielmehr wurde das Ereignis für propagandistische Zwecke genutzt. In der Science-Fiction-Literatur fand Bathurst ebenfalls seinen Platz. Er wurde von den Autoren H. Beam Piper und Robert A. Heinlein in Parallelwelten und fesselnden Zukunftsvisionen in Szene gesetzt. Die Wahrheit über die Vorkommnisse in Perleberg bleibt bis heute unbekannt. Das rätselhafte Verschwinden von Benjamin Bathurst ist ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie tief die menschliche Neugier und die Ungewissheit darüber, was wirklich geschehen ist, verwurzelt sind. Den Erinnerungen an diesen schicksalhaften Abend am 25. November 1809 wird weiterhin nachgegangen, und die Fragen bleiben unbeantwortet: War er Opfer eines Verbrechens, eines politischen Mordes oder gar eines übernatürlichen Phänomens? Diese Fragen begleiten uns bis in die Gegenwart, während sich das Mysterium um den britischen Diplomaten weiter entfaltet. 

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