Die Favoritner Mädchenmorde

Der bevölkerungsreichste Bezirk der österreichischen Hauptstadt Wien ist der Favoriten, in dem über 10 Prozent der Einwohner Wiens leben. Dieser 10. Wiener Gemeindebezirk liegt im Süden der Stadt, der 1874 durch die Zusammenlegung der fünf Vororte Favoriten, Inzersdorf-Stadt, Rothneusiedl, Unterlaa und Oberlaa entstand. Bis heute eilt diesem der Ruf voraus, der gefährlichste Bezirk Wiens zu sein, da dort tatsächlich die meisten Straftaten stattfinden. In diesem Bezirk fand auch eine der abscheulichsten Mordserien statt, die sich in der Kriminalgeschichte als die Favoritner Mädchenmorde verewigte und erst nach über zwei Jahrzehnten aufgeklärt werden konnte. Alles begann mit dem Mord an der 20 Jahre alten Verkäuferin Alexandra Schriefl am 26. Oktober 1988. An jenem Tag hatte diese die Diskothek Azzuro in ihrem Heimatbezirk Favoriten besucht. Ihr Freund wollte sie danach abholen. Doch von Alexandra fehlte nachdem Verlassen der Disco jede Spur. Nach 11 Stunden wurde deren Leiche in der Himberger Straße nackt an einen Baum mit ihren Strümpfen und ihrem Pullover gefesselt gefunden. Alexandra war vergewaltigt und erdrosselt worden. Nur 3 Monate später wurde am 3. Februar 1989 die 10 Jahre alte Christina Beranek in der Per-Albin-Hansson-Siedlung, nur 100 Meter von dem Tatort von Alexandra Schriefl entfernt, gefunden. Das Mädchen, das zuletzt lebend beim Kauf eines Mickey-Mouse-Heftes in einem Kiosk gesehen worden war, wurde in ihrem Wohnhaus sexuell missbraucht und mit ihrer Strumpfhose erdrosselt und damit ans Treppengeländer gefesselt. Aufgrund der Nähe der beiden Tatorte und einer ähnlichen Vorgehensweise gingen die Ermittler von ein und demselben Täter aus. Es folgte der größte Polizeieinsatz nach dem Zweiten Weltkrieg mit über 200 Beamten bei der Spurensuche. Die Polizei vermutete, dass der Täter aus der Per-Albin-Hansson-Siedlung stammte, in der ungefähr 11.000 Menschen lebten. Über 1.000 Personen wurden überprüft und mehr als 500 Wohnungen durchsucht. Eine Belohnung in Höhe von 160.000 Schilling wurde ausgesetzt. Jedoch ohne Erfolg. Fast zwei Jahre strichen ins Land, bis am 22. Dezember 1990 die Leiche von der erst 8 Jahre alten Nicole Strau im Laaer Wald gefunden wurde. Nachdem diese bei ihrer Tante Weihnachtsgeschenke abgeholt hatte, war sie auf dem Weg zum Bus ihrem Mörder begegnet. Dieser missbrauchte Nicole sexuell und versuchte sie anschließend mit ihren eigenen Schuhbändern zu erdrosseln, da ihm dies nicht gelang, erschlug er sie mit einem abgebrochenen Ast. Die Polizei ging nach diesem Mord von einem Serienmörder aus. Über 1.600 Personen wurden überprüft. Doch es kam im Laufe der Ermittlungen zu erheblichen Fehlern. Im Mordfall Alexandra Schriefl hatte die Gerichtsmedizin eine verschmutzte Spur gesichert, was dazu führte, dass die falsche Blutgruppe des Täters festgestellt wurde. Außerdem wurde bei Nicole Strau der einzige Verdächtige, der keine DNA-Probe abgegeben hatte, nicht aufgesucht. Es gab erhebliche Schlampereien. Doch dann wendete sich das Blatt. Bei Alexandra Schriefl und Nicole Strau waren damals Spermaspuren sicher gestellt wurden. Die darin enthaltene DNA ergab im September 2000 einen Treffer. Dieser Treffer führte zu Herbert P. gegen den kurz nach der Tat ermittelt worden war. Doch durch die falsche Blutgruppenbestimmung, kam dieser als Täter nicht infrage. Herbert P. wurde im Oktober 2001 festgenommen und wegen Mordes an Alexandra Schriefl zu 15 Jahre Haft verurteilt, der Höchststrafe für den zum Tatzeitpunkt noch nicht 21 Jahre alten Jugendlichen. Zwar wurde vermutet, dass dieser auch Christina Beranek auf dem Gewissen hatte, aber es gab dafür keine Beweise. Darüber hinaus hätte es keinerlei Auswirkungen auf das Strafmaß gehabt. Im November 2001 wurde der Mord an Nicole Strau aufgeklärt. Diese war von Michael P., der damals schon zu den Verdächtigen zählte, ermordet worden. Er hatte jedoch ein falsches Alibi abgegeben, weshalb er nicht weiter verdächtigt wurde. Mittels DNA-Verfahren wurde er als Mörder von Nicole Strau überführt und im Dezember 2002 wegen Mordes an dieser zu lebenslanger Haft verurteilt. Damit war das Rätsel über die Favoritner Mädchenmorde endgültig gelöst worden.